Direkt zum Hauptbereich

Die große Illusion der Freiheit: Sartre, Arendt und unser Handy-Symposium



Liebe Freunde der grenzenlosen Online-Freiheit,

lasst uns einen Moment innehalten und die unglaubliche Freiheit feiern, die uns das digitale Zeitalter geschenkt hat. Ja, richtig gehört: Freiheit! Denn nichts schreit so laut "freier Wille" wie die zwanghafte Notwendigkeit, alle zehn Sekunden sein Handy zu checken, oder? Sartre würde wahrscheinlich schreibend... äh schreiend aus dem Grabe aufstehen und applaudieren, wenn er sehen könnte, wie wir unsere Existenz mit völlig willkürlichen Scrollbewegungen füllen, die unsere Absichtslosigkeit und unsere Hingabe an die Banalität perfekt verkörpern.

Er hat uns gewarnt: „Die Hölle, das sind die anderen.“ Was er jedoch nicht voraussah, war die moderne Variante: „Die Hölle, das ist das ewige Scrollen.“ In unserer modernen Welt ist unsere Freiheit so absolut geworden, dass wir nun endlose Wahlmöglichkeiten haben – Wahlmöglichkeiten zwischen einem süchtig machenden Kurzvideo und dem nächsten, zwischen einem bedeutungslosen Mem und einem noch bedeutungsloseren Kommentar. Welch glorreiche Existenz! Wir sind frei, uns durch den Algorithmus treiben zu lassen, wie ein Plastikstrohhalm im Ozean des digitalen Mülls. Freiheit, endlich frei! Ist schon mal jemand im digitalen Bermudadreieck verschollen? 
Bestimmt! 

Und was würde Hannah Arendt dazu sagen? Die große Denkerin, die uns vor den Gefahren der „Banalität des Bösen“ gewarnt hat, würde wahrscheinlich ihre Meinung äu#ern... äh ändern und über die „Banalität des Scrollens“ schreiben. Was ist Freiheit anderes als die Fähigkeit, unsere Lebenszeit in 15-Sekunden-Clips zu zerhacken, die uns nichts lehren und noch weniger bedeuten? Sie würde es lieben, wie wir unsere „vita activa“ in eine „vita digitalis“ verwandelt haben, wo das aktive Leben durch das Passivsein in einem endlosen Strom von sinnlosen Inhalten ersetzt wurde. Lebenszeit:tick tack? Nö, Tik Tok! 
Aber bloss keine HekTikTak, das ist alles TakTik. 

Wir haben uns selbst von der Illusion der Wahlfreiheit befreit und sind nun wirklich „frei“ – frei von den Bindungen des realen Lebens, frei von tiefen Gedanken und echter Reflexion. Wir sind frei, von der Aufmerksamkeitsökonomie ausgesaugt zu werden, bis unsere Gedanken so leer sind wie die Akkus unserer Smartphones. Wir sind die Meister unseres eigenen Untergangs, und das ist die wahre Freiheit, oder? 
Freilwillig sein, Frei-will-ich-sein.

Freilich, unsere Gesellschaft hat Freiheit zu einer Farce gemacht. Früher bedeutete Freiheit zum. freiheitlichen Beispiel , Verantwortung zu übernehmen, kritisches Denken zu fördern und gegen Unterdrückung zu kämpfen. Heute bedeutet Freiheit, die Freiheit zu haben, unseren Hirnzellen eine Pause zu gönnen und uns einfach dem süßen Nichtstun des ständigen Online-Seins hinzugeben. Wir sind die Architekten unserer eigenen mentalen Gefängnisse, komplett mit schnellem WLAN und endlosem Content. Und das Beste daran? Niemand zwingt uns dazu – wir tun es freiwillig!

Also lasst uns weiterhin feiern, wie wir uns in dieser scheinbar endlosen Freiheit verlieren! Wie wir Sartres Vorstellung der „Radikalen Freiheit“ bis zum Äußersten treiben, indem wir uns in die digitalen Abgründe stürzen und dabei unsere Existenz auf das kleinste, bedeutungsloseste Level reduzieren. Denn wir sind frei, nicht wahr? Frei wie ein Vogel in einem goldenen Käfig, dessen Gitterstäbe wir selbst gebaut haben – aus Likes, Followern und der unerbittlichen Jagd nach dem nächsten bedeutungslosen High.

Freiheit, du wunderbare Illusion! Sartre hätte seinen Spaß an uns gehabt, und Arendt hätte wohl einen weiteren Essay gebraucht, um unsere digitale Verirrung zu analysieren. Aber hey, wer braucht schon Philosophen, wenn wir TikTok haben?
Ich würde das ja jetzt hier echt gern vertiefen und weiterschreiben abeeeer ichhh kaaaaannnn niichhht, es ziiieht mich eine übermääächtige Macht zu meinemmm Haaaandyyyy.... Beep! 

Beliebte Posts aus diesem Blog

Schreibreisen

Schreibreisen Ich fange dann jetzt an zu schreiben. Als schreibender Mensch bin ich ein anderer als beim Organisieren, Sortieren oder Reisen. Beim Schreiben bin ich stiller, leiser, ein bisschen verschmitzt vielleicht. Es kommt dem Reisenden in mir am nächsten. Logo. Man muss schließlich auch beim Schreiben eine Art Koffer packen, ein Ziel haben – oder zumindest eins vermuten – und vor allem: Zeit mitbringen. Und dann geht die Reise los. Wer schnell ungeduldig wird oder sich vor Überraschungen scheut, der sollte besser daheim bleiben. Oder gar nicht erst mit dem Schreiben anfangen. Denn in beiden Fällen – beim Reisen wie beim Schreiben – ist mit Abenteuern zu rechnen. Und mit Umwegen. Und mit unerwarteten Bekanntschaften. Und mit nervigen Figuren und und und.  Und(t) erwegs eben. Da passieren so Sachen.  Schreibweisen Ich bin mir ziemlich sicher: Wenn mehr Menschen sinnlich schreiben würden – also wirklich mit allen Sinnen –, dann wäre die Welt ein friedlicherer Ort. Denn wer ...

Sommer im Neubaugebiet Teil 2

Intro Schmidt Alex, das ist jetzt der zweite Teil, oder? Alex Denke ja…1,2, 1,2, check, check… Schmidt Da kann man ja schon sagen, dass es eine Serie ist, oder? Alex: Klar! Schmidt Wäre es da nicht gut, so eine kleine Rückschau zu machen? So, dass die Leute wissen, was im letzten Teil geschah. Alex Ach, wenn wir jetzt hier alles erklären... da ist doch die ganze Illusion... naja… halt… pfutsch! Schmidt Alex, also bitte! Wer hierher kommt, der macht sich keine Illusionen! Kannst ruhig mal erzählen, was hier letztes Jahr los war. Alex Also gut. Eigentlich ist nicht viel passiert. Vielleicht war das ja gerade das Gute. Wir haben aufgehört zu rauchen, viele Menschen kennengelernt, du hast deinen Schlüssel verloren und bist nicht reingekommen. Und du warst auch richtig sauer, weil ich weggezogen bin und Herr Franke hat erklärt, was eine PGH ist. (Lampenschirm vom ehemaligen Balkon der Alex fällt runter) Schmidt OH Gott, hoffentlich kracht heute nicht der Block ein. Beide: Check, Check: SOMM...

Sommer im Neubaugebiet

Sommer im Neubaugebiet Part One Balkontheater in Hohenstücken in Brandenburg an der Havel anlässlich der Feierlichkeiten „50 Jahre Hohenstücken 2022“ mit: Michelle Schmidt, Detlef Franke & Alex Wilke Frau Paul, Frau Müller und leider kein Chor Refrain zum Mitgrölen aus dem Lied „Sommer im Neubaugebiet“ von Olaf Schubert 1. Mach dir mal keine Platte! Erdgeschoss Alex hopst auf den Balkon eines alten, bis auf wenige Parteien leer gezogenen DDR- Neubaublocks Alex Check, check … Sommer im Neubaugebiet! kiekt über die Brüstung gelehnt zum Balkon Schmidt rüber äh...Frau Schmidt?! Its your turn! Frau Schmidt? Echosprache Haaaaaallllloooooo-lo-lo? Frau Schmiiiiiihiiiiiedt-idt-idt-idt Es geht lohoooos! Hm?! Frau Paul betritt den Nachbarbalkon Alex Hallo Frau Paul! Frau Paul Hallo Alex Ham‘ sie die Schmidt gesehen? Frau Paul Die is‘ doch da hinten irgendwo. Alex Wie da hinten? Hier is‘ doch die Show! Frau Paul Vielleicht noch von gestern, wo die da gefeiert hat … Alex …und irgendwo besoffen ...