Poah! Ich bin jetzt dafür, dass im Zug die Fresse gehalten wird.
Im ICE gibt es ja einen Ruhebereich.
Ein Ruhebereich auf den ich auch bestehe, wenn einer meint stundenlang und lauthals obendrein in eben diesem, genau neben meinem Ohr, mein filterloses Wesen mit seinem Gelaber belästigen zu müssen.
Aber im Regionalzug gibt es keinen Ruhebereich.
Hier fährt der Mob und plappert und schnattert sich hemmungslos alles von der Seele was einem eben im öffentlichen Nahverkehr so einfällt.
Je provinzieller die Landschaft durch die der Zug rollt, umso geistloser, beinahe schon wieder poetisch vor leider lauter, nicht leiser Doofheit die Dialoge im Grossraumabteil.
Begeistert von der Zeit die so eine Zugfahrt den meist hart arbeitenden Menschen bescheert, wälzen sie ihre Privatgeschichten voreinander aus, klopfen sich die Schuppen vom Kopp, lassen einen fahren, trinken Bier und essen Schnelles von den Bahnhofsbuden. Ditsch und Döner, Asian food. Super Kleckerbowl und Bratwurst...ich mache ein paar Fotos für mein Album:
"Ich muss hier jetzt essen, jetzt!"
Einfach draufhalten und abdrücken wenn sie grad abbeissen. Da sind sie am wehrlosesten. Dann natürlich schnell das Abteil wechseln!
Wer allein fährt und keinen Gesprächspartner hat, der zückt sein Handy und ruft irgendwo an, erzählt sinnlos seinen Standort, was er heute noch bei Netto kaufen wird, wer mit wem, und dass heute Abend Sturm angesagt ist. Echt?!
Ahhhh... Ruhe! Still ihr Lebendigen, will nicht sagen SCHNAUUUZE!!!
Jetzt hört auch noch einer Musik!
Ich kann es kaum fassen.
Wäre ich heute nicht so geschwächt vom Umtrunk gestern Abend im Theater... Ich würde zum Gegenprogramm laut aus der Doktorarbeit eines Kollegen: "Bühnenbild & Ökologische Nachhaltigkeit" vorlesen, jawohl!
Aber auf deren Studium werde ich mich hier im Zug niemals konzentrieren können. Nicht weil ich Kopfschmerzen vom vielen Wein gestern Abend hätte, nein, WEIL ES SO LAUT HIER IST!
Es ist wie zum Hohn. Nun schreit auch noch ein Kind. So muss es in indischen oder russischen Zügen zugehen. Muss es?
Es fehlen nur noch gackernde Hühner, muffelnder Gestank und David Lynch mit seiner klappernden Schreibmaschine. Naja. Besser im Zug als auf Entzug.
Ich muss aussteigen. Mal sehen was draußen so los ist.